Jetzt oder nie: KI
Wie die KI das Patentwesen verändern wird
Wir haben Kollegen, die ihren Mandanten zu erklären versuchen, wie die Zukunft aussieht. Woran ein guter Patentanwalt zu erkennen ist. Halten vielleicht sogar Vorträge darüber. Mancher Kollege hat seinen Schwerpunkt komplett dahin verlagert und kommt vor lauter Ratschlag-Geben kaum zu seiner ursprünglichen Arbeit.
Auch externe Ratgeber schießen wie Pilze aus dem Boden: es herrscht kein Mangel an selbsternannten Beratern, die uns erzählen, wie wir KI in unsere Kanzleiabläufe einbauen können, wie man herausfindet, ob die KI saubere Arbeit geleistet oder leider haluziniert hat. Was man jetzt tun muss, um hinterher nicht das Nachsehen zu haben.
Uns lässt das eher kalt. Während andere sich bemühen, Prompt-Jockeys zu werden, patentieren wir die Technik, die dem zu Grunde liegt. KI ist, auf einem technischen Niveau, harte Arbeit und steckt voller Erfindungen. Das Feld der KI ist sehr groß, sehr spannend, sehr herausfordernd und entwickelt sich sehr schnell. Auch die Ämter versuchen, ihren Weg mit der neuen Technik zu finden, das macht den patentanwaltlichen Teil der Arbeit auch nicht leichter.
Macht meine Arbeit bald eine KI?
Ich für meinen Teil kann nicht sehen, wie KI zu signifikanten Änderungen unserer (gemeint ist: innerhalb von Zweibrücken IP) Arbeit führen soll. Die Dienstleistungen, die wir erbringen, basieren auf einem technischen Verständnis der Materie, nichts weniger verlangen übrigens bereits die Berufsordnung für Patentanwälte, der BGH und die Technischen Beschwerdekammern von uns Patentanwälten. Auf unser Verständnis haben unsere Mandanten einen Anspruch und den erfüllen wir selbstverständlich.
Ersetzt man als Bearbeiter eines patentrechtlichen Texts sein Verständnis durch eine Extelligenz, so hat man zunächst mal ein Haftungsproblem. Doch auch inhaltlich wird es erstmal nicht besser: woran merke ich, dass ein KI-generierter Text gut ist? Anschlussfrage: woran merke ich, dass ein menschengenerierter Text gut ist? Nun, wenn man ihn nicht im Einzelfall inhaltlich bewerten kann oder will, sollte man dem Verfasser trauen können. Das unterscheidet übrigens einen guten von einem schlechten Patentanwalt: dass man ihm vertrauen kann. Nicht der Umstand, dass er eine bestimmte Floskel in allen Anmeldungen verwendet. Besonders dann nicht, wenn die Rechtsgrundlage und die wirtschaftliche Bedeutung der Floskel schon vor Jahren weggefallen sind.
Beim Verfassen von Texten wird KI zumindest mir nicht viel helfen. Als Patentanwalt weiß man, dass eine Eingabe oder eine Anmeldung ein Uhrwerk ist, in dem alle Teile zusammenspielen sollten. Man kennt sein Handwerkszeug und kann sich ausdrücken: des Juristen Schwert ist das Wort. So weiß man beispielsweise, wie man ein Argument hängen lässt, von etwas beredt schweigt, einen Fakt nur andeutet, etwas insinuiert, etwas unterstellt, eine Finte aufbaut, alternative Beschreibungen anbietet, einen Begriff wählt, einen Querschluss zwischen Vokabeln oder technischen Komplexen vorbereitet und so weiter. Vor allem weiß man, wann und warum man welches Stilmittel einsetzt.
Eine KI-generierte Anmeldung wird solche Stilmittel auch beinhalten, einfach weil sie auf bestehenden, hoffentlich menschengenerierten Anmeldungen aufbaut. Eine solche Anmeldung wird in Bezug auf die Stilmittel aber kaum einem übergeordneten Plan folgen. Welche Aussage in der Anmeldung wie zu verstehen ist – vom jeweils anzusetzenden Fachmann, wohlgemerkt – kann die KI derzeit nicht beurteilen.
Eine KI-generierte Anmeldung muss durch einen Menschen penibel sowohl inhaltlich als auch auf Stilmittel und Querverbindungen kontrolliert werden, um nicht Gefahr zu laufen, dass das genaue Gegenteil einer hilfreichen Konstruktion drin steckt. Allein, eine Kontrolle setzt voraus, dass man es besser weiß als die KI, oder dass man es zumindest merkt, wenn etwas nicht stimmt.
Für mich scheint es widersinnig, das Erstellen von relevanten Texten an eine KI zu deligieren, denn damit gewinne ich weder Zeit, weil ich intensiv kontrollieren muss, noch inhaltliche Qualität, weil ich mein Verständnis ausbilden muss, bevor ich den Text prüfe. Ebenfalls wichtig: das Erstellen eines Texts bildet mich für die nächste Sache, das Kontrollieren nur für die nächste Kontrolle. Für das Erstellen einer Anmeldung macht KI das Produkt nicht besser und es macht mich nicht besser.
Ist KI überhaupt für etwas gut?
Ein aktueller Artikel beschreibt sehr schön, wie KI das Studium verändert. Am Ende, so der Autor, würden diejenigen, die KI nur als weiteres Werkzeug sehen, dessen Ausgaben sie kritisch hinterfragen, deutlich besser studieren. Diejenigen, die mit KI versuchen, das Studieren zu vereinfachen, würden eher keine überzeugenden Resultate erzielen. Wer hat, dem wird gegeben, wer wenig hat, dem wird das auch noch genommen.
Ich denke, in der Konsequenz kann man das schön aufs Patentwesen übertragen. Wer KI als Instrument einsetzt, das er im Griff hat, kann zu einem besseren oder schnelleren Verständnis einer Erfindung gelangen, kann profitieren. Wer KI als Abkürzung zu einem verkaufbaren Produkt sieht… eher nicht.
Der Patentanwalt und das Amt
Insofern habe ich wenig Bedenken, unsere Arbeit könnte von einer KI übernommen werden. Wahrscheinlicher für mich ist, dass man eher wiederkehrende oder formale Abläufe durch KI zu bearbeiten sucht. Während eine Erfindung per Definition über das Bekannte hinausgeht und eben nicht durch den Stand der Technik nahe gelegt ist, sich also tendenziell einer künstlichen Intelligenz entzieht, gilt dies nicht für einen Prüfungsbescheid eines Patentamts. Der könnte viel leichter durch eine KI generiert werden, denn die relevanten Regeln und üblichen Einwände des Amts gegen eine Anmeldung sind wohlbekannt. Die Recherche basiert sowieso schon auf Techniken der KI.
Eine Erwiderung auf einen Prüfungsbescheid wiederum…