Political Correctness in Patentanmeldungen?
“Des Juristen Schwert ist das Wort” wird Jurastudenten gerne mitgegeben. Was den Kollegen aus dem Roten Bereich* recht ist, soll uns Patentanwälten billig sein. Wie bei allen martialischen Einrichtungen muss man auch beim sprachlichen Schwert zusehen, dass sich damit nicht verletzt, und es wäre auch schön, wenn es keine Kollateralschäden gibt.
Die Diskussion darüber, wie man sich in Genus und Sexus korrekt ausdrückt, ohne Anstoß zu erregen, ist aktuell überhitzt. Wichtig für mich ist, dass man im Gespräch bleibt und den Anderen nicht sprachlos macht, es wäre schade um die Sache. Andererseits ist manch übliche Ausdrucksweise eindeutig überholt und hat besonders in technischen oder juristischen Texten nichts zu suchen.
Kann eine Patentanmeldung in diesem Sinn überhaupt unkorrekt ausgedrückt sein? Ja, zweifellos. Und völlig unnötig dazu. Denn ganz ohne Verlust an Klarheit, Offenbarung, Schönheit oder Rechtsposition lassen sich die meisten Sachverhalte auch unproblematisch ausdrücken.
In der Elektrotechnik und der Informatik wird oft von einer Master-Slave Konfiguration gesprochen. Das geht nun wirklich gar nicht. Besser könnte man von einer primären und einer sekundären Einheit sprechen. Im Englischen geht es auch gut mit leader und follower. Das wollen wir aber lieber nicht ins Deutsche übersetzen. Manchmal hilft auch ein ausgezeichneter und ein einfacher Knoten. Übrigens geht die Tendenz dahin, einen ausgezeichneten Knoten dynamisch zu bestimmen, das könnte man auch gleich sprachlich reflektieren.
Statt von einem Benutzer oder einer Benutzerin kann einfacher und genderneutral von einer Person oder einer Bedienperson gesprochen werden. Menschen treten in Patentanmeldungen üblicherweise eher als Nebensache oder im Plural auf.
Das gern kritisierte ‘man’ lässt sich leicht durch eine Passiv-Konstruktion vermeiden, die ist eh meistens schöner. Statt “man findet es schwierig” (wer denn?) besser “es wird als schwierig empfunden“. In einer guten Patentanmeldung sollte versucht werden, den Verdacht einer zwischengeschalteten menschlichen Verstandestätigkeit (BGH Urteil Rote Taube) gar nicht erst aufkommen zu lassen. Dementsprechend gibt es in der Regel wenig Anlass, ausführlich über Personen und ihre Handlungen in Bezug auf ein technisches Problem oder dessen Lösung zu schreiben.
Elektrische Verbinder können im Deutschen spezifisch mit Stecker und Buchse oder übergreifend als Kontaktelemente bezeichnet werden. Der Stecker wird in die Buchse eingesteckt und stellt einen Kontakt her. Weil das Eine das Andere bedingt, amüsiert man sich gerne mit beiden in einer Anmeldung.
Im Englischen ist die Unterscheidung etwas schwieriger, oft wird von male und female connector gesprochen und Ein Stecker wird in einem Schaltplan gelegentlich mit dem ♂ Zeichen und eine Buchse mit dem ♀ Zeichen versehen. Das versteht jeder, ist aber irgendwie auch nicht ganz salonfähig. Sprachlich könnte man etwa jack und bushing verwenden. Nicht optimal wegen möglicher Assoziazionen aber immerhin deskriptiv. Wer einen besseren Vorschlag für die Schaltplan-Symbole hat: ich freue mich über Zuschriften.
*: der Rote Bereich wird so genannt, weil die Fachzeitschrift njw (Neue Juristische Wochenschrift) der Rechtsanwälte einen roten Einband hat. Wir Patentanwälte haben als Zeitschrift die GRUR (Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht) mit einem grünen Einband und bilden den Grünen Bereich.